Lunge oder Leber

„Empty Qi is anger, stagnant Qi is grief!“ (Leeres Qi verursacht Wut, sich anhäufendes Qi wird zu Trauer!“)

Gemeint ist das Qi in der Lunge: Wenn es sich im zugehörigen Funktionskreis ansammelt und nicht weiterfließt, dann verursacht das – entsprechend der Physiologie der traditionellen fernöstlichen Medizin – Trauergefühle.

Der Gegenspieler der Lunge ist die Leber. Ist das Lungen-Qi zu schwach kann das Leber-Qi zu stark werden. Reizbarkeit oder abwechselnd Trauer und Ärger könnnen sich in der Folge zeigen. Meine Beobachtung ist, dass meist in der Trauer auch ein wenig Ärger schlummert – und umgekehrt auch.

Intermezzo: Das Titelbild oben zeigt die Anordnung der fünf Wandlungsphasen im sogenannten Shen-Zyklus: Jede Phase geht aus der vorangegangenen hervor. Das Bild ist das eines Pentagramms.
Es gibt allerdings noch eine weitere geometrische Anordnung in der chinesischen Medizin: die eines Kreuzes, mit der Erdphase in der Mitte:

In dieser Arithmetik gibt es jeweils zwei Gegenspielerpaare: Herz und Nieren (Feuer und Wasser) sowie Lungen und Leber (Metall und Holz).

Stellen Sie sich eine Wippe vor, auf der einen Seite stellvertretend das Qi der Lungen, auf der anderen das der Leber: Ist das Qi der einen Seite zu schwach wird das der anderen (zu) stark: die Wippe befindet sich im Ungleichgewicht.

Im Allgemeinen gilt, dass eine Erkältung der Atemwege durch eine Leere des Lungen-Funktionskreises bedingt ist. Behandelt wird dieser energetische Zustand mit einer kräftigenden Technik des Lungenmeridians einerseits und häufig mit einer drainierenden Technik des Lebermeridians andererseits.

Nun kann es sein, dass die Erkrankung über einen längeren Zeitraum anhält. Die Verhältnisse können sich dann ändern. Der Funktionskreis der Leber kann auf lange Sicht mit geschwächt werden. Es kann sogar so weit gehen, dass sich das Muster komplett umkehrt: Statt einer Leere im Lungenmeridian kann dann ein böswilliger Einfluss im Funktionskreis der Lungen entstehen.

Meist ist das System dann insgesamt so geschwächt, dass die schädliche Energie nicht drainiert werden kann. Jetzt muss zunächst das Qi des einstigen Gegenspielers, also des Leber-Funktionskreises, gekräftigt werden. Dann kann der schädigenden Einfluss in der Lunge schließlich in die Außenschichten geleitet und mit sanften Drainagetechniken für die Ausleitung des störenden Einflusses gesorgt werden.

Zuletzt bearbeitet am 24. August 2023 um 9:23 Uhr.

ho ho - tonifying technique

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