Schlaf und sein Einfluss auf die Gesundheit

Die zirkadiane Uhr reguliert die Aktivitäten im Tagesverlauf. Um die Zeit des Körpernadirs also der niedrigsten Kerntemperatur früh am Morgen, ist die Leistungsfähigkeit träger, abends ist sie dynamischer. Der homöostatische Schlafdruck verläuft nach einem ähnlichen Muster. Die Leistungsfähigkeit lässt in den frühen Morgenstunden nach, wenn der Schlafdruck, der durch die zunehmende Konzentration von Adenosin im Verlauf der Wachheitsphase entsteht, am höchsten ist. Während der Wach-Erhaltungsphase zwischen 21 und 23 Uhr dagegen weist das Gehirn die höchste Belastbarkeit gegen Schlafmangel auf.

Müssen Nachteulen früh aufstehen, vermindert dies die kognitive Leistungsfähigkeit und damit die Gesamtperformance. Teenager – und damit Schüler – sind keine Frühaufsteher. Dies bedeutet, dass ein früher Schulbeginn zwangsläufig dazu führt, dass die Aufnahmefähigkeit des Gehirns sowie Speicherung und Verarbeitung von Informationen auf reduziertem Niveau aktiv sind.

Der Hauptschrittmacher für den zirkadianen Rhythmus ist der Nucleus suprachiasmaticus (SCN), der über Licht synchronisiert wird. Aber auch die Peripherie weist eine Rhythmizität auf. Zwei Stunden nach dem Nadir der Körperkerntemperatur begünstigt der zirkadiane Schrittmacher ein Maximum des REM-Schlafs – die längsten REM-Phasen finden sich morgens vor dem Aufwachen – doch die REM-Schlaf-Dichte ist in der Wach-Erhaltungsphase zwischen 21 und 23 Uhr am höchsten. Hier wird deutlich, dass sich die Lebensweise vieler Menschen nachteilig auf die Gesundheit auswirkt, indem diese zu spät schlafen gehen. Schlafkontinuität und Verdichtung der REM-Phasen wirken sich auf die Schlafqualität aus, wobei die beste Schlafqualität während der biologischen Nacht, die schlechteste während des biologischen Tages zu finden ist. Zudem moduliert der zirkadiane Schrittmacher die Schlafspindeln in der biologischen Nacht in Richtung längere Dauer, niedrigere Frequenz und höhere Amplitude, was vermutlich auch zu einem besseren Schlaf beiträgt. Während der biologischen Nacht scheint auch die Aktivität des SWS (Slow Wave Sleep) ein wenig verringert zu sein.

Der SCN ist für kurzwelliges Licht des blauen Spektrums, z. B. von Bildschirmen und LED-Lampen, besonders empfänglich. Doch auch warmes, gelbes und nicht zu helles Licht wirkt sich auf die Melatoninausschüttung aus. Diese wird stark vermindert (23 % z. B. bei der Benutzung eines Tablets) und verzögert damit das Einsetzen des Schlafs, was zu einer Störung des natürlichen zirkadianen Rhythmus und einer Art „Insomnie“ führt.

Der Rumpf wird nachts heruntergekühlt, Hände und Füße sind warm. Es scheint, dass unterschiedliche Rhythmusgeber für den Antrieb des Schlaf-wach-Zyklus und den Zyklus der Körpertemperaturen verantwortlich sind. Die Perioden der Schlaf-wach-Oszillationen sind deutlich kürzer bzw. länger als die Rhythmen von Körperkerntemperatur, Urinvolumen und anderen physiologischen Rhythmen. Der menschliche zirkadiane Rhythmus, einschließlich des SWS-Zyklus, der über Licht und Dunkelheit synchronisiert wird, setzt sich vermutlich aus zwei oder mehr Rhythmusgeber zusammen, von denen einer schwächer und einer stärker ist.

Schläft man regelmäßig weniger als 6 Stunden, führt dies zu einer Schwächung des Immunsystems sowie zu einem deutlich erhöhten Risiko, an bestimmten Krebsformen zu erkranken. Ein Lebensstil mit zu wenig Schlaf scheint auch das Risiko für Alzheimer zu begünstigen, da die nächtliche Reinigung durch das glymphatische System nicht ausreichend stattfinden kann. Schlafmangel stört auch die Blutzuckerkontrolle, was zu mehr Hunger und einem prädiabetischen Zustand führt.

Menschen, die unter Schlafmangel leiden, nehmen sich selbst überhaupt nicht so wahr. Doch nach ca. sechzehn wachen Stunden beginnt der Mensch abzubauen, was sich u. a. auch in unangemessenen emotionalen Reaktionen, Aggression, Vergesslichkeit, Lernproblemen, Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern (ADHS), einer erhöhten Risikobereitschaft und Drogenmissbrauch ausdrückt. Es mehren sich die Hinweise, dass Kinder, die ausreichend lange schlafen, einen höheren IQ entwickeln. Ich persönlich finde dies eine gewagte Behauptung. Es ist wohl so, dass sich bei synaptischen Neu-Verbindungen zweier Nerven spontan Kapillarbildungen am Ort des Geschehens beobachten lassen.

Um kognitiv voll präsent zu sein, braucht es mehr als 7 Stunden Schlaf jede Nacht und selbst nach 3 vollen Erholungsnächten nach Kurzschlafphasen ist das Gehirn noch nicht wieder auf dem Niveau der vollen Leistungsfähigkeit angelangt.

Im REM-Schlafstadium erholen sich Gehirn und Psyche und man träumt. Zum ersten REM-Traum kommt es fast genau um Mitternacht. Wird z. B. durch den Einsatz von Schlafmitteln oder Lärmeinwirkung die Traumphase unterdrückt, führt dies zu Gereiztheit und Antriebslosigkeit am Morgen. Ein Versuch, die REM-Phasen nicht zuzulassen (Probanden wurden geweckt, sobald diese einsetzten), wurde nach einigen Tagen abgebrochen, da die Probanden zunehmende psychische Störungen aufwiesen.

Nicht zu unterschätzen sind auch die Störungen durch Alkohol, der zwar den Wachheitszustand vermindert, den Schlaf jedoch stört und zu einer Art von leichter Anästhesie führt. Der Schlaf wird fragmentiert, und die REM-Phasen sind reduziert.

In der REM-Phase sind die autobiografischen Erinnerungsregionen des Gehirns aktiv, weshalb wir oft das Gefühl haben, ein Traum habe eine Bedeutung. Der rote Faden dabei scheinen allerdings nur die tagsüber erfahrenen Emotionen zu sein. Im Non-REM-Traum sind die Stoffwechselaktivität des Gehirns und mentale Aktivität leicht vermindert, aber nie ganz aufgehoben.

Das Gehirn braucht sowohl die REM- als auch die Non-REM-Träume, um gesund zu bleiben. Die REM-Phase kann man als therapeutische Phase betrachten, da während dieser Zeit absolut kein Noradrenalin ausgeschüttet und somit im Gehirn keinerlei Stress ausgelöst wird. Gleichzeitig werden aber Amygdala, emotionsbezogene Zentren des Kortex und Hippocampus aktiviert. Man schläft und erinnert sich, aber ohne emotionale Komponente. Somit können schmerzhafte Erinnerungen im Laufe der Zeit tatsächlich in Erinnerungen übergehen, die vom schmerzauslösenden Moment der Emotionen frei sind. Der REM-Schlaf führt somit zu einem emotionalen Reset. Fehlt der REM-Schlaf, kommt es zunehmend zu Überreaktionen bei der sozialen Interaktion und zu verminderter Beurteilungs- und Entscheidungsfähigkeit. Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass Antidepressiva die REM-Phase unterdrücken.

Das Kurzzeitgedächtnis befindet sich im Hippocampus, das Langzeitgedächtnis in der Kortikalregion. Das Netzwerk des Gedächtnisses wird im Verlauf des REM-Schlafs organisiert und zwar nicht über den Zeitfaktor, sondern über den Inhalt. Ereignisse, die integriert werden können, erfahren eine Wiederholung im Non-REM-Schlaf, in dem auch nicht notwendige neuronale Verbindungen wieder gestutzt werden und somit Überflüssiges aussortiert wird. Danach kommt es zu einer Verlagerung auf die tiefere Ebene des Hippocampus im REM-Schlaf, in dem die verbliebenen Verbindungen gestärkt werden. Es gibt also ein konstantes Hin und Her zwischen langsamen Non-REM-Schlaf-Oszillationen und Theta-Wellen im REM-Schlaf. Dies könnte der Mechanismus sein, der das Gehirn für den folgenden Tag homöostatisch konsolidiert und reguliert.

Beim Menschen scheint eine verstärkte Stimulation zu einer erhöhten Plastizität des motorischen Kortex zu führen. Es gibt Hinweise, dass der REM-Schlaf eine Rolle bei der Verfestigung der Erinnerungen spielen könnte. Schlaf verbessert unsere Fähigkeit zu lernen, Erinnerungen zu speichern und logische Entscheidungen zu treffen. Bereits der Schlaf vor dem Lernen führt zu einer verbesserten Aufnahmefähigkeit, da das Kurzzeitgedächtnis im Hippocampus nicht unbegrenzt Erinnerungen speichern kann und zwischendrin geleert werden muss.

Schlafspindeln mit Non-REM-Schlaf scheinen einen Einfluss auf die Regenerationsfähigkeit für neues Lernen zu haben, da sie den Prozess des Aussiebens beschleunigen. Ältere Menschen kreieren weniger Schlafspindeln und können mengenmäBig weniger Neues speichern. Der Schlaf nach dem Lernen entspricht dem Speichern des Gelernten. Die Non-REM-Phase wirkt hier wie ein Botengänger, der die neuen Erfahrungen vom Kurzzeitgedächtnis zum Langzeitspeicher transportiert. Auch motorische Fertigkeiten werden in der Non-REM-Phase während der größten Spindelaktivität am effektivsten gespeichert.

Wissenswert ist auch der Einfluss unseres Essverhaltens: Zu wenige Kalorien oder eine zu kohlenhydratlastige Ernährung, v. a. Zucker, erschweren das Einschlafen, vermindern den Non-REM-Schlaf und führen zu vermehrtem Aufwachen nachts, wobei allerdings der REM-Schlaf etwas gesteigert ist. Am besten schläft es sich weder hungrig noch vollgestopft und mit einem nicht zu hohen Kohlenhydratanteil in der Nahrung.

Behandlungsansatz

Eine gute Umgebung ohne LED Beleuchtung, eine entsprechende Tag-und-Nacht-Hygiene und Ansätze zur Stressharmonisierung können einen deutlichen Einfluss auf die Schlafqualität haben. Hilfreich sind Aufklärung, Verhaltenstherapien und körperliche Ertüchtigungen, die den Non-REM-Schlaf verbessern, allerdings nicht direkt vor dem Zubettgehen, sondern mehrere Stunden davor.

Aus der Perspektive der Osteopathie liegt nahe, dass neben einem Balancieren des vegetativen Nervensystems im Allgemeinen auch ein gezielter Fokus auf den III. und IV. Ventrikel, die Sella turcica mit der Hypophyse und die Epiphyse gelegt werden muss. Damit sind wir bei der reziproken Spannungsmembran, den Ventrikeln und dem gesamten duralen und fluidalen System.

Quelle: Dick S.; Schlaf hat’s ganz schön in sich; DO Deutsche Zeitschrift für Osteopathie 2023; 21: 4-10; Thieme; Stuttgart

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Zuletzt bearbeitet am 26. April 2024 um 13:58 Uhr.